23 Oktober
23 Oktober
Beide Begriffe sind in der Industrie weit verbreitet – doch was genau unterscheidet Gleitschleifen von Trowalisieren?
Ein Blick auf die Suchzahlen zeigt: Der Begriff Trowalisieren wird mit rund 3.800 Suchanfragen pro Monat deutlich häufiger gegoogelt als Gleitschleifen mit etwa 1.000 Anfragen.
Aber sprechen wir hier wirklich von zwei verschiedenen Verfahren – oder sind es einfach zwei Namen für dasselbe Prinzip?
Ein Blick in die Geschichte bringt Klarheit.
Das Gleitschleifen / Trowalisieren hat seine Wurzeln in einem ganz natürlichen Vorgang. Seit Jahrmillionen werden Steine in Flussbetten oder an Meeresufern durch die ständige Bewegung von Wasser, Sand und anderen Partikeln rund und glatt geschliffen. Diese „natürliche Poliertechnik“ diente dem Menschen als Vorbild.
Eine oft zitierte Anekdote führt den Ursprung sogar in die römische Antike zurück. Römische Soldaten sollen ihre metallischen Rüstungsteile in Sandsäcken auf dem Pferd transportiert haben. Die Reibung und Bewegung sorgte dafür, dass die Rüstung sauber und glänzend blieb. Ein einfaches, aber effektives Beispiel für ein natürliches Gleitschleifen.
Quelle: MFN – Vibratory Finishing
Im industriellen Maßstab wurde der Prozess zunächst mit Trommeln umgesetzt, später mit Vibrations-, Zentrifugal- und Schleppschleifanlagen weiterentwickelt. Wer die ersten Maschinen tatsächlich gebaut hat, lässt sich heute nicht eindeutig rekonstruieren.
Es gibt jedoch mehrere Hinweise auf frühe Formen des Trommelpolierens:
Frankreich um 1850:
Ein französisches Fachbuch von Rossileur (1856) zeigt bereits handbetriebene, sechseckige Holzfässer, die zum Polieren von Knöpfen verwendet wurden – vermutlich die frühesten bekannten Abbildungen einer Gleitschleifanlage.
Quelle: Surface Finishing Journal, August 1929
England um 1900:
Laut einer Quelle aus dem Jahr 1929 soll ein Herr Edmunds beim Beobachten eines rotierenden Siebtrommels in einem Steinbruch bemerkt haben, wie das Drahtgeflecht im Inneren blankpoliert wurde.
Diese Beobachtung inspirierte ihn dazu, Metallteile mit Schleifkörpern in einem rotierenden Fass zu polieren – die Geburtsstunde des modernen Trommelgleitschleifens.
Quelle: Surface Finishing Journal, August 1929
USA ab 1904:
Schon kurz darauf tauchten in den USA die ersten sogenannten „tumbling barrels“ auf – rotierende Fässer, in denen Werkstücke zusammen mit Stahlkugeln und Seifenlösung geglättet wurden.
Bereits 1904 berichtete der American Engineer & Railroad Journal über diese Maschinen.
Quelle: American Engineer and Railroad Jounral, 1904
In der Fachschrift The Production of Malleable Castings wird ein Trommelprozess beschrieben, der in den USA Anwendung fand, aber scheinbar in Europa bereits weiter verbreitet ist.
Quelle: The Production of Malleable Castings (1910)
Diese parallelen Entwicklungen zeigen: Das Verfahren verbreitete sich zeitgleich in mehreren Ländern – als logische Weiterentwicklung natürlicher Schleif- und Polierprozesse.
In Deutschland prägte vor allem Carl Kurt Walther die ersten Entwicklung in den 1930er Jahren. Er war einer der ersten Unternehmer, der Trommeln zum Entgraten, Lackieren und Polieren industriell entwickelte und vertrieb.
Am 6. Dezember 1951 meldete er beim Deutschen Patent- und Markenamt den Begriff „Trowalisieren“ als Wortmarke an (Registernummer 635168). Am 3. März 1953 wurde die Marke offiziell eingetragen – und ist bis heute aktiv geschützt. Eintrag im DPMAregister ansehen
Das Kunstwort „Trowalisieren“ setzt sich aus „Trommel“ und „Walther“ zusammen – eine Marke, die später zum Synonym für das gesamte Verfahren wurde, ähnlich wie „Tempo“ für Taschentücher.
Ob man von Gleitschleifen oder Trowalisieren spricht – gemeint ist dasselbe Verfahren:
Ein mechanisch-chemischer Prozess, bei dem Werkstücke gemeinsam mit Schleifkörpern in Bewegung versetzt werden, um Grate zu entfernen, Kanten zu verrunden oder Oberflächen zu polieren.
Gleitschleifen ist der technische Fachbegriff
Trowalisieren ist der historisch gewachsene Markenname, der sich in der Praxis sehr etabliert ist
Beide Begriffe stehen also für ein und dieselbe Idee – eine, die vor Millionen Jahren in der Natur begann und heute zu einem der wichtigsten Verfahren der modernen Oberflächentechnik geworden ist.